Der 30" Backnanger Sterngucker von 1993 bis 2007
Nach der Fertigstellung meines 17,5" Dobson Teleskops saßen die Backnanger Sterngucker, damals 7 Personen, gemütlich in Rainers Dachstudio beim Bier zusammen. Es wurde über die neuerlichen Beobachtungserlebnisse gesprochen und diskutiert dass in unserer Runde noch mehr Personen gerne einen 40 oder 45 cm grossen Dobson bauen möchten.
Ich hielt dagegen es wäre besser gemeinsam ein richtig großes Teleskop zu bauen.
Kaum war diese Zündschnur gelegt, wurde darüber gesponnen wie groß ein solches Gemeinschafsteleskop sein sollte. Der runde Spiegel in Rainers Garderobe maß im Durchmesser 70cm. Mindestens so gross musste es sein,waren wir uns in der abendlichen Bierlaune einig.
Wenige Tage später wurde recherchiert, was der Markt zu welchen Preisen zu bieten hatte. Zeiss wollte 100.000 DM für eine 70cm Optik haben, Wieder war die Coulter Optical Company im Gespräch, die einen preiswerten 29" F4.5 Spiegelsatz für knapp 3000 USD anboten.
Leider war diese Optik dann doch nicht lieferbar, ein Glück! Später wurde bekannt dass nur 2 Exemplare gefertigt wurden, beide sollen von sehr bescheidener Qualität gewesen sein.
Eine bessere Alternative war die Firma Star Instruments aus Flagstaff, Arizona. Die boten in Anzeigen des Magazins S&T einen 30" F4.0 Spiegelsatz für 6000 US Dollar an.
John Vogt, ein Amateurastronom aus New York berichtete im Magazin Sky & Telescope von seinem 30"F4.0 Dobson mit Optik von Star Instruments. ( D=762mm, F=3050mm)
Es wurde mit John Vogt per Brief Kontakt aufgenommen. Im Jahr 1991 war noch nix mit Email schreiben! Es gab noch kein Internet! Ein paar Wochen später kam eine Antwort die Empfehlung zur Firma Star Instruments. Das war die einzige Referenz, die wir aus der amerikanischen ATM Szene bekamen.
Nun ging es an die Finanzierung des Vorhabens. Wir schlossen einen Privatvertrag ab, zu dem Jeder der 7 Mitgliedern monatlich 30DM zu berappen hatte. Die Kasse existiert noch heute und es werden weiterhin pro Eigner 15 Euro im Monat einbezahlt. Mehrere Jahre hätte das Ansparen gedauert. Glücklicherweise fanden wir schnell Gönner! Die Stiftung zur Förderung der Jugend in BW, war bereit uns die erforderlichen 20.000 DM für den Spiegelsatz zu finanzieren. Im Gegenzug stellten wir uns in einem vereinbarten Zeitraum mehrere Jahre lang für astronomische Führungen für Kinder und Jugendliche zur Verfügung. Die Order für die Optik ging noch 1991 an Star Instruments raus, und kaum zu glauben, es wurde im Sommer 1992 ein Spiegelsatz in einer großen Holzkiste angeliefert!
Parallel zu meinen Bauvorhaben mit den Skylight Dobson begannen 3 versierte Heimwerker aus unserer Runde 1992/93 mit den Bau des 30"Monsterteleskops aus Aluminium, Stahl und Messing. In vielen Stunden wurden die Teile dafür Samstags in einer mechanischen Werkstätte gefertigt.
Es gab keinen Austausch wie heute in Astronomie Foren und so wurde in Mangel an Erfahrung mit Teleskopbau dieser Größe lieber etwas stabiler gebaut. Final sind es über 300 Kilogramm Gewicht geworden. Alleine der Hauptspiegel wiegt 52 Kilogramm! Der elliptische Fangspiegel misst 6,5" Durchmesser an der kleinen Achse.
Der fertige Tubus wurde in unserer Astronomie Ausstellung in der Backnanger Sparkasse im April 1993 ausgestellt.
Heute unvorstellbar, wurde dieses Teleskop in 2 PKW Kombis ( Ford Sierra) im Herbst 1993 zum Internationalen Teleskoptreffen nach Kärnten transportiert. Ein PKW hatte die Stangen vom Gittertubus auf dem Dachständer, der Andere eine 3m lange Beobachtungsleiter. Zuvor gab es noch einen Abstecher auf den Rettenbachferner, zum höchstgelegenen Parkplatz auf einer Höhe von 2780m ü.NN. Eine Nacht mit 30" Öffnung auf fast 3000m Höhe, das war der Hammer!
Der Erwerb eines gebrauchten Anhängers erleichterte die Mobilität des 30" Dobsons. Ein ausgeklügeltes steckbares Schienensystem wurde von Rainer ersonnen, um den Dobson ohne schweres Schleppen vom Anhänger runter zu fahren.
Mehrere Jahre lang haben wir immer wieder die grauen Zellen bemüht um die Handhabung des Alu Dobsons zu verbessern. Nach und nach flossen Verbesserungen ein. Doch im Winter bei 5° Minus nachts um 3 Uhr kleine 5mm Inbus Schräubchen auf der Leiter mit Werkzeug in 3 Meter Höhe zu demontieren, wollten wir dann nicht mehr.
Nach 14 Jahren Beobachten und zahlreichem Führungsbetrieb wurde ein kompletter Neubau unseres 30"Dobson in Angriff genommen.
Von 2007 bis 2021 lagerten in unserer Garage in Backnang 2 Dobson Teleskope der 30"Kategorie nebeneinander. Dann haben wir Ende 2021 Ordnung geschaffen und 300 Kilogramm Aluminium, Stahl und Messing verschrottet.
Bei der Demontage des alten 30" Teleskops wurde mir wieder bewusst mit welchem Aufwand und Akribie 1992 bis 93 unsere ATM´s Rainer, Norbert und Peter damals am Werk waren. Das war eine wahrhafte Pionierarbeit!
Der Erlös vom lokalen Schrotthändler wanderte in unsere Gemeinschaftskasse. Die Geschichte geht weiter mit dem Bericht über den Neubau des 30 Zoll Dobsons im Jahr 2007.
Ein 29" F4.5 Coulter benötigte beim Abladen vom LKW viele Helfer
April 1993 bei der Ausstellung in der Kreissparkasse in Backnang
Der 30 " Dobson 1993 beim Internationalen Teleskoptreffen ITT
Mit dem 30" auf dem Hesselberg im Frankenland
30 Zoll Dobson, über 300 KIlo schwer, auf der Schiene
Die Crew der Backnanger Sterngucker beim Astronomietag 2004 mit dem alten 30" Dobsonteleskop
Erstelle deine eigene Website mit Webador