Beobachtungsbericht vom 28.Sept.2011 mit Kometensuchern 120/ 80& 60mm

-Mit kleinen Fernrohren zu großen Nebelkomplexen-.

Nach 21 Uhr bin ich auf meinem Beobachtungsplatz auf einer grossen Lichtung im schwäbischen Wald, stelle ich Stativ, die Giro und meine Kleinfernrohre auf und geniesse den Rundumblick.
Im Nordosten brennt entfernt ein Hoflicht, welches, das weiss ich, meist spätestens um 22 Uhr ausgeht.

Ich suche als erstes Objekt wie in den vergangenen Abenden den Kometen Garradd auf.
Im westlichen Herkules wird er auf Anhieb im 120er FH aufgefunden und zentriert.
Im 120mm FH bei 20 fach erscheint der Komet etwas assymetrisch,
im 80mm FH ist bei 11fach ein schwaches rundes Wölkchen zu sehen.

Gegen 22Uhr höre ich Boxersound durch den Wald vauwehen, das ist der gelbe VW 1600 Variant von Thomas C.

Thomas packt sein Schnellspechteloskop, einen TMB Apo 80/480 aus und legt Richtung Osten los.
Jupiter, und in den Sternbildern Andromeda und Perseus sind seine Ziele.

Ich habe zuvor den Schmetterlingsnebel IC 1318 (Nebel um Gamma Cygni) mit meinen Kleinröhren angeschaut, und konnte den Crescent Nebel im 80mm am Gesichtsfeldrand mit IC 1318 eindeutig lokalisieren. Ein Blick in den 120er sicherte die Sichtung ab.

Danach ging es zum Cirrusnebel, der im 80mm FH glatt 2x ins Gesichtsfeld passen würde.
Ein sehr ästhetischer Bildeindruck mit viel Himmel drumherum.
Rechter Hand der Sturmvogel mit 52 Cygni, links davon der helle Bogen mit der Hexenhand,
im 120mm FH kann ich leicht den dritten Nebelteil Pickerings Dreieck sehen,
Im 80mm ist er noch erahnbar. Die Bild Orientierung ist nun aber astronomisch richtig.

Thomas gefällt Okular und Fernrohr 80/324, eigentlich ein grosser Sucher,
welches bei dieser Gelegenheit zum Hauptinstrument mutiert ist, mir auch.

Meine aktuelle Vorgehensweise: 
Erst im Telrad die betreffende Stelle am Himmel anvisieren, mit dem 120/600 FH
das Objekt Aufsuchen, anschauen und dann diesen Himmelsausschnitt auf dem Astrostuhl sitzend
im 80mm bei 11facher Vergrößerung und 7,5° Feld genießen.

Nach dem Cirrus wird N-Amerika und Pelikannebel beäugt und mit verschiedenen Filtern getestet.
Deutlich tritt die Silhuette des Kontinents hervor. Im Golf von Mexico blitzen die Sterne des „little Orion“.

Der Pelikannebel passt bei beiden Fernrohren mit im Gesichtsfeld. Schemenhaft kann ich seine Umrisse erkennen. Deutlichster Nebelteil ist die helle Kante entlang der Californschen Küste und der Dunkelnebel welcher N-Amerika und Pelikannebel teilt. Deneb habe ich beim 80mm aus dem Gesichtsfeld gefahren, damit dieser die Beobachtung der schwachen Nebel weniger stört.
Da scheint der UHC etwas besser zu sein, beim Cirrusnebel aber ist eindeutig ein OIII der Favorit,
auch mit der kleinen Optik.

In dieser Himmelsgegend wird auch nacheinander M27, M71 und der Kleiderbügel Collinder399 abgefahren. Aus dieser Weitwinkelperspektive mit 7,5° erschließen sich
unbekannte Ansichten mit unbeschreiblicher Schönheit.

Es gibt am 30mm Zeiss WW-Okular einen Punkt, wo das Okular ohne Blende zu sein scheint und sich ein wahrhafter Spacewalk-Effekt einstellt.

Ich erinnere mich an eine Beschreibung eines Merzschen Kometensucher von 1850,
welcher mit 76mm Öffnung, 648 mm Brennweite mit einem 65mm Schraubokular
dessen 65mm Feldlinse 6° Gesichtfeld ermöglichte.
Mit einem ähnlichen Komtensucher hat W.Argelander die „Bonner Durchmusterung“ durchgeführt

Meine moderne Version ist ein Geradsichtsucher mit 80mm Öffnung, 324mm Brennweite,
einen 2“ Schraub-fokussierer in dem ein 30mm Zeiss WW Okular mit 85° scheinbarem Gesichtsfeld steckt, das ergibt eine 11fache Vergrösserung und 7,5°wahres Feld in dem zu 80% die Sternabbildung in Ordnung ist.

Durch volles Ausfahren des Stativs kann ich hinter dem Geradsichtfernrohr
dank des Füssener Astrostuhls auch bei Zenit beobachtungen bequem einblicken.
Diese direkte Sichtrichtung mit der Option des Vorbeischielen direkt auf das Objekt, hat es mir angetan.

Im 120/600 wird ein Zenitspiegel benutzt, in dem ein 2“ 30mm WW III von Kokushi Khoki
mit 84°scheinbarem Gesichtsfeld steckt.  Das ergibt dann 20fach und 4,2°Feld.
Optional habe ich manchmal noch mein 20er Nagler T2 benutzt, damit ergibt sich eine 30fach Vergrösserung und 2,6 °Feld.

Bei Beobachtungen mit Filter habe ich die Okulare zwischen den Fernrohren durchgewechselt,
das Zeiss WW hat leider kein Filtergewinde.

IC1396 im Kepheus ist das nächste Ziel, auch da hebt sich der Nebel besser im 80mm vom größer sichtbaren Hintergrund ab, verwendet wurde ein UHC Filter.
Der Elefantenrüssel bleibt mit 120mm Öffnung visuell verborgen.

Nächstes Objekt ist die Dunkelzigarre B168 an deren Ende sich der Cocoonnebel befindet.
Der offene Sternhaufen M39 passt mit B168 zusammen ins Feld des 80mm,und der Dunkelnebel hebt sich besser ab als im 120mm. Genial, das muss man mal gesehen haben!
Leider ist der Cocoonnebel mit vorhandener Öffnung nicht erreichbar.

Weiter geht es in die Cassiopeja ,schemenhaft kann ich mit Hilfe des UHC Filters
in beiden Optiken NGC 281, den Pacmannebel erkennen.
Westlich von Delta Cassiopeja blitzt im 80mm aus einem winzigen M103 ein orangefarbenes Sternchen heraus.

H+Chi , zusammen mit langer Sternenkette zu Stock 2, dem Muskelmännchen ,
und mit Schielen zum entgegengesetzeten GF-Rand ist Trümpler 2 in einem Feld zu sehen.

Der Californianebel ist in beiden Röhren mit H-Betafilter kein schwieriges Objekt,
im 80er steht NGC 1499 mit viel Himmel rundum im Feld.

Der helle Sternhaufen Mel 20 um Alpha Perseus ist in beiden kurzen Rohren eine Pracht,
anschleißend gibt es einen kleinen Abstecher rauf zu Kembles Kaskade.

Thomas hat mit dem 80er TMB Apo den Jupiter mit 160facher Vergrößerung hart und scharf „drin“.
Auf der westlichen Seite des südlichen Bands steht hart ein dunkler Barren.

Meine Weitwinkel Fernrohre kommen nun für kurze Zeit in den Kofferraum,

Das Stativ wird auf niedrige Höhe eingefahren und die Stunde des alten Lichtenknecker Newton 150/1300 von ca.1970 beginnt.
Dessen Blechtubus in „Hammerschlag Hellblau“ ruhte seither auf der Rückbank im Auto.
Kurz die Justage geprüft und los geht es.
Ein Blick in den Tubus zeigt einen leicht staubigen Spiegel und ein paar Spinnweben.

Bei 130 und 160 facher Vergrößerung kann ich Thomas demonstrieren,
daß ein Newton trotz zusätzlicher Obstruktion durch kleine Bewohner auch ein feines Planetenfernrohr sein kann. Die Abbildungsqualität dieses alten Dieter L.-Spiegels begeistert uns.
Thomas adelt den alten Newton mit „das ist das erste Spiegelfernrohr dessen Abbildung mir gefällt“
(Der Staub auf dem Spiegel bleibt drauf, und den Untermietern wird nicht wegen Eigenbedarf gekündigt, das gehört zur Patina dieses Youngtimer Teleskops dazu :-))

Für einen Telradnutzer ungewohnt fummelig ( wie vor langer, langer Zeit :-o ) mit Sucherfernrohr und kleinem Gesichtsfeld eiere ich in der Sommermilchstrasse herum und suche  Ring -und Hantelnebel auf, die Thomas unbedingt im alten Newton abschauen möchte.

Beschließen tun wir den Besuch vom Thomas mit dem gemeinsamen Anblick von
M 36,37 und M38 im 80mmFH in einem Gesichtsfeld.

Ich mach noch alleine eine Stunde bis 1Uhr weiter. Dann wird es immer feuchter
und ich packe nach einem ausgedehnten Milchstrassenspaziergang, den ich sehr genossen habe,
meine kleine WW- Ausrüstung und einen ehrwürdigen alten Newton ein.

 

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