Die Reise zur totalen Sonnenfinsternis am 2. Juli 2019 in Chile

Die Backnanger Sterngucker bei der totalen Sonnenfinsternis am 2.7.2019 in Chile und anschließend in der Atacamawüste.

Der besondere Reiz zu dieser Sonnenfinsternis zu reisen war neben den guten Wettervorhersagen zur Finsternis ein mir bis dahin unbekanntes Land kennenzulernen und klare Sternenhimmel in der Atacamawüste zu erleben.

Um nicht ohne Sehhilfe dort anzukommen habe ich Dieter Martini gebeten, für mich einen Reisedobson für eine bereits vorhandene  8“F 5.7 Optik herzustellen.
Eine Überschwemmung meiner Kellerwerkstatt während des Winters 2018/2019 ließ mir keine Zeit für einen Selbstbau.
Ich habe das von Dieter sehr zügig gelieferte Teleskop nach meinen Erfordernissen angepasst und mit meiner  traditionellen Färbung versehen. 

Das Handgepäck für die Reise nach Chile. Ein schnuggeligger 8" F 5.7 Martini Reisedobson mit excellenter Optik.

Wir buchten bereits ein Jahr zuvor bei South America Classic Tours eine 12 Tage dauernde Reise zu dieser totalen Sonnenfinsternis nach Santiago mit Transit zum Beobachtungsort La Hiquera und zurück, und anschließendem Flug nach Calama und einem mehrtägigen Aufenthalt im Wüstenort San Pedro de Atacama.
Insgesamt dauerte unser Aufenthalt in Chile 10 Tage.
Der Aufenthalt in Hotels einfacher Kategorie und Flug nach Santiago über Amsterdam half die Reisekosten zu begrenzen. Alle Unterkünfte waren sauber und es musste niemand Hunger leiden.

Im Gegenteil: Besuche der Markthalle von Santiago und deren Lokalitäten boten kulinarische Genüsse, nur musste man wissen dass dort bereits um 18 Uhr geschlossen wird.
Ausser den Stadterkundungen in Santiago de Chile standen Ausflüge nach Valparaiso und Vina del Mar mit einem Kleinbus auf unserem Programm. Nahe Valparaiso gab es am Strand die Gelegenheit die Füße in den Pazifischen Ozean zu tauchen.

Am Tag der Finsternis wurden wir ,ein Gruppe von 12 Personen morgens um 1Uhr mit dem Kleinbus abgeholt.
Bereits um 5 Uhr 30 erreichten wir das 470km entfernte La Serena um den vorhergesagtem Ansturm von mehreren 100.000 Besuchern zuvor zukommen. Dort übernahm uns ein lokaler Reiseveranstalter für die Weiterfahrt nach La Hiquera, einem Ort in der Mitte der Zentrallinie.

La Hiquera wurde bereits am frühen Morgen von vielen tausend Besuchern belagert. Auf der Fahrt zu unserem Beobachtungsgelände begegneten wir kilometerlangen Kolonnen von geparkten Autos.

Wir wurden mittendrin zu einem reservierten Platz gefahren und mit heißem Kaffee und Sandwiches begrüßt.
Stühle und Sonnenschirme sorgten für Komfort vor Ort.
Fotografen und Beobachter hatten mehr als ausreichend Zeit in Ruhe das mitgebrachte Equipment aufzubauen und auszurichten. Mit Spannung wurde auf die Totalität gewartet.

Nur im Süden wurde mit etwas Sorge eine kleine Wolkenbank gesichtet, die aber brav weit unten am Horizont geblieben ist.

UV Strahlung bei besten Wetterbedingungen sorgten für rötliche Färbung auf ungeschützten Hautpartien
und Köpfen der Besucher aus nördlichen Gefilden.

Kurze Zeit vor dem ersten Kontakt erfreute die heftige Staubwolke eines landenden Helikopters die Anwesenden.
Es war der Besuch des chilenischen Präsidenten in La Hiquera, welcher für die Schlagzeile des Tages in chilenischen Medien sorgte.
Vom verursachten Staubsturm bei seiner Landung und etwa 90 Minuten später beim Abflug wurde nicht berichtet.

Zahlreiche chilenische Jugendliche zeigten große Freude als wir Ihnen während der Partiellen Phasen halfen durch das Okular unserer Dobsons die Sonne mit Ihren Handys aufzunehmen.

Die gut 2 Minuten Beobachtungszeit am Okular während der Totalität gehörten aber nur uns und wenigen Freunden.

Es waren in meinem Reisedobson zahlreiche feine Linien der Korona und insgesamt 5 Protuberanzen zu sehen.

Trotz der knappen Zeit konnte ich dem Versuch eines Schnappschusses mit dem Smartphone durch das Teleskop nicht widerstehen.

Nach weniger als 1 gefühlten Minute fand bereits der dritte Kontakt statt und das Folienfilter wurde wieder aufgesetzt.

Gegen 19 Uhr begann unsere 500 Kilometer lange Rückreise durch endlose Staus auf der E5, der einzigen Fernstraße nach Santiago de Chile. Diese war erst um 9 Uhr 30 am darauf folgenden Morgen ziemlich knapp vor der Weiterreise in die Atacamawüste zu Ende.  

Schon bereits eine Stunde später holte uns derselbe Fahrer wieder zum Transit zum Flughafen von Santiago ab. Kaffee, für manche ne Kippe, Packen und schnell noch K....en!

Dann ging die Reise  weiter zur Atacamawüste. 

Tausende Menschen bei der Beobachtung der totalen Sonnefinsternis am 2.7.1019

Wir flogen nach Calama und wurden anschließend wie die Sardinen in der Dose mit einem Kleinbus nach San Pedro de Atacama chauffiert. 

In San Pedro konnte ich kurze Zeit später meinen dort gebuchten Mietwagen in Empfang nehmen.


Der 5-sitzige Chevrolet Pickup bot mir die Möglichkeit zu nächtlichen Beobachtungen des Sternenhimmels an Orten abseits des beleuchteten  San Pedro de Atacama.

Am ersten Abend in San Pedro wurde ab 22 Uhr 40 ein Beobachtungsabend angeboten, den ich nach insgesamt 45 Stunden Reisezeit nicht mehr wahrgenommen habe.

Die trotzdem erstaunlich zahlreichen Mitwirkenden aus unserer Gruppe berichteten von einen wunderbarem Sternenhimmel mit Milchstraßen-Zentrum im Zenit, einer Streulichtglocke verursacht von San Pedro de Atacama und einem rührig bemühten Guide an einem sehr dejustierten 16“ Meade Dobson. Nicht ein Wolkenstreifen auf einem im Zenith stehenden Jupiter konnte gesehen werden.

Diese Übung meisterte mein 8“ Reisedobson mit seiner nach meinem Ermessen sehr guter Optik am darauf folgenden Abend ohne Einschränkung.
Bei maximaler Vergrößerung von 190-fach stand das Bild im Okular und es erfreuten uns am GRF,
ein scharfer Schattenwurf von einem Mond-Transit ,und zahlreiche dunkle Fahnen und helle Spots in beiden Wolkengürteln.
Leider hatte ich nicht  noch „mehr Power" dabei.
Meine Okular Auswahl war auf Exemplare mit 30mm, 12.5mm und 6.5mm Brennweite begrenzt.

Zugunsten des zulässigen Gepäckgewichts blieb die eine oder andere Unterbüx, sowie der Rasierapparat zu Hause.

 Die optische Ausrüstung inklusive Deep Sky Atlas für die nächtliche Beobachtung und warme Kleidung hatten Vorrang. 

Die Nachttemperaturen in der winterlichen Atacamawüste waren sehr knapp über Null, nach ein paar Stunden draussen gefühlt weit darunter.

Bei großem Interesse unserer Gruppe stellte ich bis zu 3 mal am Abend für meine Mitreisenden einen Transfer mit unserem Pickup von San Pedro zum Spechtelplatz in der Wüste zur Verfügung. 

Mein Sternfreund Micha hat ein paar Fahrten davon übernommen. Eine ausgeliehene Holzbank und ein Hocker aus dem Wüstenhotel "Don Raul" wurden auf die Ladefläche geladen und boten uns ein wenig Komfort im Outback.

Meine Auswahl von Beobachtungsobjekten hielt sich an das schöne Buch von Dieter Willasch „ Die Perlen des Südhimmels“und wir haben nur wenige davon ausgelassen.

Zu Beginn gab es bei Allen Beobachtern erst einmal Orientierungsschwierigkeiten am Südhimmel durch für uns verkehrt am Himmel stehende bekannte Sternbilder.

Aber auch bisher unbekannte Himmelsregionen wurden durchstöbert. Höhepunkt an beiden Beobachtungsabenden war für mich der Anblick vom gesamten Eta Carina Nebel  im 2° großen Gesichtsfeld meines Reisedobsons. 

Mit UHC Filter versehen hat es fast eine Dämpfung gebraucht, so strahlend hell und schön stand dieser Nebelkomplex da.

Ein weiterer Höhepunkt war ein hochstehender Helixnebel  in unbekannter Pracht, dadurch unübersehbar leicht mit 8x40 Fernglas und 8"Teleskop aufzufinden.

Die nahezu feldfüllende Galaxie NGC 55 entzückte bei 90 fach  die Beobachter genauso wie Omega Zentauri,
das Schmuckkästchen, der Kohlensack und viele andere Deep Sky Objekte des Südhimmels.

Ein besonderes Erlebnis war für mich die einfache Sichtung des „Katzenpfotennebels“im Skorpion mit dem UHC Filter.

Fast alle der 70 Objekte in meiner Liste wurden aufgesucht.
Leider nicht möglich war der „Tarantelnebel“ in einer ungünstig tief am Horizont stehender LMC (Large Magellan Cloud). 

In der höher am Himmel stehenden SMC (Small Magellan Cloud) konnte ich schön einzelne Objekte wie Kugelsternhaufen und neblige Objekte ausmachen. 

Unmittelbar nebenan befindet sich der auffällig helle Kugelsternhaufen 47 Tucan.

Auch die schöne Galaxie M83, das südliche Feuerrad, wurde bereits am frühen Abend mit im 8“aufgesucht
und wir haben schöne Spriralstrukturen sehen können.

Ergänzt wurde die Ausrüstung durch ein 8x40 Fernglas mit 9,5° Feld und dem "Gucki" mit 2,3 facher Vergrößerung.
Damit machte es Freude durch die Milchstraße des Südhimmels vorbei am Kreuz des Südens, dem Kohlensack und um das Schmuckkästchen zu surfen.

Alles in allem begeisternde Spechtelerlebnisse die ab und zu von uns passierende Fahrzeuge gestört wurden.

Wir hatten das Aufkommen von Fahrzeugen in der Nacht zwischen Calama und der Straße zur Grenze nach Argentinien unterschätzt.

Ein besser gelegener Platz im Naturschutzgelände konnte wegen nächtlicher Sperrung mit einer Schranke leider nicht aufgesucht werden.

Am Folgeabend suchten wir einen besser gelegenen Platz an der Straße nördlich von San Pedro in Richtung Tatio Geysire,

Die Geysire von Tatio auf 4300m ü.NN wurden an unserem letzten Tag vor Sonnenaufgang aufgesucht.

Am darauf folgenden Montag, den 8.7.2019 begann unsere lange Heimreise nochmals über Santiago de Chile, Buenos Aires, und Amsterdam zurück ins Schwabenländle.

Am 10.7. nachmittags bin ich müde aber glücklich vom Erleben dieser tollen Reise zu Hause angekommen.

 

Gute Nachricht von Dieter Martini: Habe fertig!

Der 8" Handgepäck Dobson

Vor den Pforten des ESO in Santiago

In gemütlicher Runde am Abend mit unseren  Veranstaltern Maristella und Hartmut

Das Sonnenobseravorium  ist bereit für das Ereignis

Fahles Licht während der partiellen Phase

Die totale Sonnenfinsternis 

Ein Schnappschuß mit dem Handy am Teleskop

Nach 2 Minuten wird der Himmel wieder heller

Beobachtung der bedeckten Sonne mit Schutzbrillen

Staubige Hinterlassenschaft des Präsidenten

Die Kirche von San Pedro de Atacama

Exkursion zu den Salzseen in der Wüste

Die 6000m hohen Berge spiegeln sich im Salzsee

Mit dem Pickup auf 3300m ü.NN .

Vor dem Sonnenaufgang zu den Tatio Geysiren

Sonnenaufgang über Tatio

Die Berge am Rand der  Wüste sind 6000m hohe aktive Vulkane

Bad im  warmen  Wasser auf 4200m Höhe ü.NN:

Besuch des Indiodorfes Machuca auf 4000m ü.NN